Victoria Louise
Baubericht

Großer Kreuzer S.M. S Victoria Louise Baubericht in Kurzform von Häfner Reinhold

Zum Original:

Die 5 Schiffe der Victoria Louise-Klasse machten optisch mit ihrem starken Gefechtsmast und dem ausladenden Kreuzerbug einen gewaltigen Eindruck, wegen des ungenügenden Panzerschutzes und des für längere Strecken zu geringen Kohlefassungsvermögens erwiesen sie sich für den Flottendienst als wenig geeignet.

1919 aus der Liste der Kriegsschiffe gestrichen und 1923 in Danzig abgewrackt. Einige Daten zum Schiff:

Stapellauf : 29.03.1897 als Neubau Kreuzer II-Klasse bei A.G. Weser Bremen

Indienststellung : 20.02.1899

Länge:110,60 m

Breite : 17,40 m

Tiefgang: 6,94 m

Verdrängung : 5.660 t

Bewaffnung: 2 Schnellfeuerkanonen 21 cm 8 Schnellfeuerkanonen 15 cm 10 Schnellfeuerkanonen 8,8 cm 10 Maschinenkanonen 3,7cm 3 Torpedorohre 45 cm

Klassifizierung : Kreuzer Il. Klasse »L« , ab 1899 Großer Kreuzer.

Schwesterschiffe: Hertha, Freya, Vineta, Hansa

Besatzung :
31 Offiziere, 446 Mann

Zum Modell

Kiellegung des Modells war am 24.07.2000 nach monatelanger Durchforstung der mir zur Verfügung stehenden Literatur und Baupläne. Bis jetzt wurden etwa 670 Arbeitsstunden aufgewendet, man wird aber nie sagen können das Schiff ist jetzt fertig.

Die Farbgebung erfolgte im sogenannten 98er - Weiß - Gelb Auslandsanstrich der dem Modell wie auch dem Original eine besondere Note und auch ein repräsentatives Äußeres gab.

Gebaut wurde im Maßstab 1:100 nach einen Bauplan von W.Bohlayer. Die Victoria Louise wurde als Fahrmodell gebaut.

Verwendete Materialien: Sperrholz, Epoxy Harz, Polystyrol, Messing (und alles was irgendwie passte)

Rumpf

Der Rumpf wurde in Spantbauweise gebaut. Das Spantgerippe muß natürlich vor der Beplankung ganz genau ausgerichtet werden, da hier gemachte Fehler nicht verziehen werden. Die Beplankung erfolgte mit Sperrholzleisten 20 mm die ich mit der Tischkreissäge zugeschnitten habe. Die Formen von Bug und Heck sind mit den Leisten aber nicht mehr zu machen und wurden mit Füllstücken angeformt und geschliffen. Gerade die geschwungene Form des Buges und das nach innen gezogene Heck mit dem Heckbalkon geben dem Schiff eine besonderes Aussehen. Nachdem die Beplankung des Rumpfes und das ausarbeiten der 4 Seitendecks abgeschlossen war wurde das Ganze erst einmal glatt geschliffen. Der ganze Rumpf wurde außen und innen mit Harz gestrichen und mit Matten Überzogen.

Die ganze Prozedur von schleifen,spachteln ............etc. möchte ich hier nicht näher beschreiben, da dies schon x-mal in div. Modellbauzeitschriften abgehandelt wurde.

Nachdem die Oberfläche nun brauchbar war wurden die Bullaugen gebohrt, die Wasserlinie angezeichnet und die vielen Einzelheiten wie Festmacherösen, Schraubenschutz, Steigeisen, Schlingerkiel etc. am Rumpf angebracht.

Die vielen Bullaugen wurden aus 3mm Kabelendhülsen gefertigt die mit Silikon ausgefüllt wurden und nach der Lackierung des Rumpfes eingeklebt werden.

Die Lackierung erfolgte mit Kunstharzlack (matt).

Antrieb und Ruder

Antrieb des Modells erfolgt über die beiden äußeren Schrauben,(die mittlere Schraube läuft leer mit). Zum Einbau kamen zwei 6V-Igarashi-Motoren von Conrad- Elektronik die im Preis günstig sind und bis jetzt ohne Probleme laufen.

Strom liefert ein Bleiakku mit 6V/7,5 Ah, die Fahrzeit ist mehr als ausreichend.

Das Ruder wird über zwei Zahnräder und einer darüber verlegten Kette direkt angesteuert und ist super betriebssicher, das Schiff sehr gut zu steuern. Das Ruder selbst wurde aus 0,3mm Messingblech gefertigt.

Da der Akku in liegender Position unten im Schiff montiert wurde und dadurch auch ein guter Ballast ist, liegt das Schiff auch bei engen Wendungen stabil im Wasser.

Reling und Aufbauten

Bisher hatte ich die Reling immer selbst gelötet, aber bei diesen Schiff verwendete ich geätzte Relingstützen von M. Zinnecker (ein sehr zuverlässiger Lieferant). Die Durchzüge passten fast immer und als Material kam entweder Kupferlitze oder verzinnter

Draht in Frage, der vor dem Durchziehen durch Spannen begradigt wurde.

Die Beplankung des Oberdecks - Mittelschiff erfolgte mit Furnierleisten 1,5X50 mm, die mittels Schablone mit dem Teppichmesser geschnitten wurden. Zum Einsatz kam hier Kirschbaumfurnier, aufgelebt wurden die Planken mit Uhu-hart.

Das Deck wurde dann mehrmals geschliffen und mit Klarlack (matt) lackiert. Beim Beplanken mussten natürlich die darauf zu erstellenden Aufbauten wie Schornsteine, Niedergänge etc. berücksichtigt werden, d.h. es mussten die Leibhölzer mit eingearbeitet werden. Das Deck macht zwar viel Arbeit, die aber dann durch das optische Aussehen belohnt wird. Bei diesen kleinen Schiff ist der Aufwand nicht zu groß (was man bei meinen jetzigen Neubau -Tirpitz- nicht behaupten kann).

Die Decksflächen der erhöhten Seitendecks wurden mit brauner Farbe (Ral 8015) lackiert, dieser Farbton kommt den Linoleumbelag am nächsten mit dem diese Decks belegt waren. Der Belag war Plattenweise versetzt verlegt und die Stösse wurden mit Messingschienen abgedeckt. Auf meinen Modell wurden die Schienen mit Polystyrolstreifen nachgebildet und mit Messingfarbe lackiert. Bei Decksflächen sollte man sich Zeit nehmen und sorgfältig arbeiten, da das Deck immer ein Blickfang ist.

Die Aufbauten selbst entstanden hauptsächlich aus Polystyrol, dieses Material ist sehr gut zu bearbeiten und es braucht zum Lackieren keine besondere Vorarbeiten (außer mit feinen Schmiergelleinen aufrauen).

Die Niedergänge zu den einzelnen Decks und Aufbauten wurde auch aus geätzten Messingteilen von Zinnecker verlötet und die Handläufe aus 0,5mm Rundmessing gefertigt. Die Stärke 0,5mm ist hier gerade noch vertretbar ohne den optischen Eindruck

zu stören. Der lange Laufsteg zwischen den hinteren und vorderen Aufbau-Seitendecks wurde auch aus Polystyrol und Messing hergestellt.

Die Front des Brückenhauses war durch die runde Form etwas schwierig herzustellen aber mit Hilfe einer Kartonschablone schaffte ich es doch.

Eine Menge Arbeit machten auch die vielen und unterschiedlichen Lüfter, die aus den

unterschiedlichsten Materialien bebaut wurden. Auch habe ich hier die kleineren Lüfter zugekauft. Der runde Gefechtsmast wurde hauptsächlich aus dünnen Messingblech und Rundmessing verschiedener Durchmesser verlötet,

dadurch wird dieser etwas schwerer, aber es hat den Schwerpunkt nicht wesentlich negativ beeinflusst.

Die Einzelheiten des oberen Brückenhauses wie Kompass, Steuerrad und Maschinentelegraph sind teils gekauft oder aus Messingteilen selbst gebaut. Man sieht diese Teile zwar schlecht aber sie gehören einfach dazu.

Fast alle Teile der Aufbauten wurden aus o,5 oder 1 mm starken Polystyrol bebaut.

Die Scheinwerfer (4 in den Seitendecks, lx auf dem Gefechtsmast) sind auch Eigenbau aus Alu und Messing.

Der hintere Mast wurde aus Messingrohren und Rundmessing versch. Durchmesser zusammengelötet

Bewaffnung

Geschütze 21cm ( 2x): Der Turmaufbau wurde wieder aus Polystyrol gefertigt, das Geschützrohr wurde aus Messingrohren

verschiedener Durchmesser zusammengesetzt. Die Rohrwiege wieder aus Polystyrol und Messingteilen.

Die beiden Geschütztürme wurden so gebaut, dass sie später einmal auch motorisch gedreht und die

Rohre auch bewegt werden können.

Geschütze 15cm (8x): Diese Geschütze wurden starr gebaut. Der Aufbau wie bei den 21cmGeschützen.

Geschütze 8,8cm (lOx): Die Sockel der 8,8cm wurden auf meiner Drehbank aus Rundmessing herausgearbeitet. Die

Rohrwiegen und Kleinteile bestehen ebenfalls aus Messing, das mit der Minibohrmaschine und

eingespannten Fräsern (vom Zahnarzt ) bearbeitet werden. Rohre wiederum

aus Messingrohren.

Die Schutzblenden sind aus Polystyrol.

Maschinen-Kanonen 3,7cm: Diese Geschütze sind gekaufte Bausätze von M. Zinnecker, die mit Sekundenkleber

zusammengebaut und dann lackiert werden.

Beiboote

Die Victoria Louise hatte 12 Beiboote unterschiedlichster Größe und Bauart an Bord, von der kleinen Jolle mit etwa 5m bis zur Barkasse mit fast 12m Länge. Außer den drei Dampfbeibooten waren es neun Boote mit Ruderantrieb.

Die Bootsrümpfe wurden fast alle in Schichtbauweise gefertigt und dann eine Silikonform des jeweiligen Beiboots hergestellt.

So hat man für zukünftige Projekte eine schöne Arbeitserleichterung.

Der Innenausbau der Beiboote wird mit Polystyrol und Sekundenkleber ausgeführt, die Ruder werden aus Rundmessing hergestellt, wobei das Ruderblatt dadurch entsteht, daß man das Messing gefühlvoll mit dem Hämmerchen bearbeitet.

Hier sollte das Messing nicht zu stark geklopft werden denn es teilt sich wenn es zu dünn wird. Diese Anfertigung kleiner Ruder ist vor allen billig und schnell. Die Bootsdavits sind ebenfalls aus Messing hergestellt.

Also mit allen Beibooten an Bord sieht das Schiff ganz schön „beladen„ aus. Die beiden Bootskräne auf dem Mitteldeck wurden ebenfalls aus Polystyrol angefertigt, die Geländer und Steigeisen aus Messingdraht.

Abschließend muss ich sagen, dass der Bau dieses Schiffsmodells mir großen Spaß gemacht hat und es nie langweilig wurde, wenn auch manchmal schöpferische Pausen gemacht wurden.

Die Bauzeit dauert bei mir immer etwas länger da ich beruflich und familiär doch recht gefordert bin und auch nicht zu den Topp-Modellbauern gehöre.

Es ist aber mit der Victoria Louise ein recht ansehnliches Modell entstanden das bei einigen Veranstaltungen doch einiges Interesse weckte.

Sehr viele Infos kann man dem Heft Schiffsmodell Extra Nr.4 „Die Kaiserliche Marine„ entnehmen, auch möchte ich H. Horst Reese danken der mir einige Fotos dieser Schiffsklasse verkauft hat.

Der Baubericht ist hier in sehr kurzer Form ausgeführt aber ich bin kein Schriftsteller, nur Schiffchenbauer.

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